Impressionen eines Teils der Weltreise 1987/88
Einleitung
Von 1987 bis 1988 hatte die Gorch Fock ihre erste Weltreise unternommen und dabei die 80. bis 83. Ausbildungsfahrt durchgeführt, nämlich:
80. Kiel bis Acapulco,
81. Acapulco bis Pearl Harbour,
82. Pearl Harbour bis Melbourne und
83. Melbourne bis Kiel.
Ich durfte auf der 82. mitfahren, die folgende Stationen hatte:
Pearl Harbor (Hawaii), Apia (Samoa), (Nuku’alofa (Tonga) geplant aber wegen ungeeignetem Wetter nicht angelaufen), Wellington (Neuseeland), Sydney (NSW), Jervis Bay (ACT) (nur vor Anker) und Melbourne (Victoria).
Alle Fotos sind (natürlich) analog aufgenommen worden, mit einer Rollei 35TE Kleinbildkamera. Ich habe mir nun die Zeit genommen, viele davon einzuscannen, auch die Rückseite des alten Zehnmarkscheins, auf der die Gorch Fock schön gezeigt wird. Dieser Zehnmarkschein war damals der gültige Zehnmarkschein.
Hawaii
In Hawaii, nämlich Pearl Harbor, ging es los. Wenn eine neue Ausbildungscrew an Bord geht, wenn also eine neue Ausbildungsfahrt beginnt, liegt die Gorch Fock meist ein paar Tage länger im Hafen als sonst, damit die Neuen das Schiff kennenlernen können. Besonders muss das Aufentern gelernt und geübt werden, und es müssen die Belegnägel gelernt werden, an denen die verschiedenen Seile belegt sind.
So ist dann auch etwas Zeit geblieben, Hawaii anzusehen. Dieses Foto zeigt den Diamond Head, den Vulkankegel neben Honolulu, von Osten.
Hier ist die Hawaii Brigham Young University im Hintergrund zu sehen, irgendwie ein typisches Bild für Hawaii: Große amerikanische Straßen mit Südseevegetation.
Und natürlich darf Waikiki nicht fehlen. Hier hatte ich ein nettes Erlebnis in einem Restaurant in einem Hotel am Strand. Ein Ehepaar setzte sich zu mir, ich war in Uniform, und wir haben uns nett unterhalten. Sie gingen dann vor mir und als ich schließlich bezahlen wollte sagte der Kellner, dass das Ehepaar schon für mich mitbezahlt hatte.
Auf See
Nach dem Kennenlernen der Gorch Fock ging es Anfang Dezember 1987 von Pearl Harbor Richtung Samoa.
Auf diesem Foto sind die Segel des Fockmasts von unten zu sehen. Die Person im Blaumann, wahrscheinlich ich, ist auf der Rah des Focksegels. Meine Segelposition war sinngemäß genau dort, nur ein Mast weiter hinten, nämlich am Großmast und damit auf der Rah des Großsegels an Steuerbord.
Zur Vorbereitung für die Zweihundertjahrfeier (Bicentennial) in Sydney sind alle Segel ausgetauscht worden, so dass schon jetzt alle Segel weiß waren.
Die beiden folgenden Fotos zeigen den Bug der Gorch Fock im Seegang, genauer gesagt beim Stampfen. Am Anker kann man am Besten den Unterschied zwischen den beiden unterschiedlich tief eingetauchten Positionen erkennen.
Beide Fotos sind vom Klüverbaum aus aufgenommen worden, also von hier:
Von oben bei gesetzten Segeln sieht der Blick vom Großmast so aus:
Ich habe es immer geliebt, die Masten hoch zu klettern, was in Fachsprache aufentern heißt. Manchmal musste man sogar bis zur Spitze des Großmasts klettern, um den Stander zu enttüdeln. Das sind da oben 45 m über der Wasserlinie.
An der Mastspitze kann einem dann doch mal etwas flau werden, schließlich gibt es dort oben um einen herum nichts. Halt findet man nur noch auf der ganz schmalen Leiter, die kaum breiter als ein Fuß ist. Das ist auch der Grund dafür, dass mein linker Fuß in der Luft hängt, weil auf der Leiter, pro Sprosse, nur Platz für einen Fuß ist. Man darf auch nicht vergessen, dass man sich erst am Ziel sichert, also beim Aufentern (Hochklettern) noch nicht gesichert ist.
Auch das Auslegen auf der Royal, wie das oberste Segel dort heißt, ist für eine größere Person, zu der ich dort per Definition gehört habe, etwas gewöhnungsbedürftig. Das liegt daran, dass die Webleinen, die Seile, auf denen man hinter der Rah steht, auf der Royal für kleinere Personen ausgelegt sind, so dass größere Personen entsprechend höher stehen, nämlich so hoch, dass der eigene Schwerpunkt höher als die Rah liegt. Man hat dann das Gefühl, dass man vornüber kippen könnte.
Äquatortaufe
Auf dem Weg nach Samoa haben wir den Äquator gekreuzt und da darf natürlich eine Äquatortaufe nicht fehlen. Leider habe ich keine Fotos davon. Da ich selbst zu den gehörte, die vom Schmutz der Nordhalbkugel befreit werden mussten, war es für meine Kamera zu gefährlich. Jedenfalls musste man so einiges über sich ergehen lassen.
Dazu gehörte, durch den Gemüseschlauch zu kriechen, durch den sonst die Gemüseabfälle über Bord geworfen wurden, in eine großes käsig-sähmiges Bad getaucht zu werden und natürlich Neptun, dem Herrscher der Meere, die Füße zu küssen.
Die Ausbildungscrew – also der Ausbildungslehrgang – ist dabei recht glimpflich davon gekommen. Die Mitglieder der Stammbesatzung, die erstmals den Äquator überquerten, sind von ihren Kameraden, die die schon getauft waren und die Äquatortaufe organisiert haben, jedenfalls härter rangenommen worden. Ausgeartet ist es aber nicht.
Samoa
Nach Samoa wird man im normalen Leben nicht so häufig kommen. Wie grundsätzlich vor jedem Hafen läuft die Gorch Fock am Vortag eine nahegelegene Bucht an, um das Schiff herauszuputzen. Dann wird auch die verbeulte Kompassabdeckung gegen eine unversehrte getauscht, das Deck wird geschrubbt und alles Messing mit Messingpaste zum Glänzen gebracht.
Auch werden die Segel eingerollt und auf der Rah mit schwarzen Patschen befestigt, wie auf diesem Foto gut zu erkennen ist. Im Hintergund ist Samoa zu sehen. Dann kann man sich auch schon mal auf Deck sonnen und die ersten Samoaner sind mit einem Kanu mit Ausleger gekommen und haben uns Früchte angeboten.
Anfangs haben wir dann aber in Apia nur vor Anker gelegen, weil der Hafen nicht sehr geschützt ist und zu viel Seegang war. Der Kapitän, Immo von Schnurrbein, war sehr auf Sicherheit bedacht und im übrigen von Allen sehr geschätzt.
So sah die Gorch Fock vor Anker in Samoa (Apia) dann aus, mit einer der Hauptstraßen Apias im Vordergrund. Diese Bucht war im Grunde auch gleichzeitig der Hafen, dessen Kai weiter rechts außerhalb des Bildes lag, an den wir dann ein oder zwei Tage später doch noch verholt haben.
Ansonsten ist Samoa einfach sehr grün gewesen. Aber es gab natürlich auch schöne Strände. Als ich einmal am Strand war, begann es etwas zu regnen und ich habe mich dann zum Schutz vor dem kalten Regen in das etwa 28° warme Meer begeben, bis der Regen wieder aufgehört hatte.
Auf Samoa soll es eine Tradition geben, die besagt, dass eine anständige Familie wenigstens einen Sohn und eine Tochter hat. Was macht eine Familie, wenn sie schon den dritten oder vierten Sohn bekommen hat, aber noch keine Tochter? Sie zieht den letzten Sohn als Tochter groß.
Das jedenfalls ist eine Geschichte, die man sich erzählt. Tatsache ist, dass es auf Samoa so genannte Fa’afafines gibt, was man auch als drittes Geschlecht, oder Transvestit übersetzen könnte. Es scheint aber nur die eine Richtung zu geben, bei denen Jungs als Mädchen erzogen wurden, nicht umgekehrt, was die obige Geschichte in Frage zu stellen scheint.
Tonga
Nach Samoa war als nächstes Ziel Tonga geplant, die Hauptstadt Nuku’alofa. Der König von Tonga soll sich schon sehr gefreut haben, damals ein echter Deutschlandfan. Aber das Wetter war nicht günstig und die Gorch Fock ist nur begrenzt manövrierfähig mit ihrer damals noch 850 PS-Maschine, wenn ich das richtig erinnere.
Wie gesagt, Kapitän Immo von Schnurrbein ist kein Risiko eingegangen und so wurde Tonga leider ausgelassen und der König soll sehr traurig gewesen sein. Ich hätte den König auch gerne kennengelernt und weil ich als Stewart eingeteilt war, hätte ich ihn bei einem Besuch auf unserem Schiff sicherlich bedienen dürfen.
Wellington
In Neuseeland sind wir nur Wellington angelaufen, die etwas verschlafene Hauptstadt. Wellington liegt in bzw. an einer natürlichen, geschützten Bucht. Die sehr grünen Hänge mit vielen Wohnhäusern gehen fast direkt ins Wasser. Ein flacher Küstenstreifen soll teilweise durch Aufschüttungen verbreitert worden sein.
In Wellington haben wir dann auch noch ein paar Neuseeländische Kadetten mit nach Sydney genommen. Wie die noch ins Schiff gepasst haben, weiß ich heute auch nicht mehr, aber es waren einige.
Sydney
In Wikipedia heißt es zu Sydney:
„Die erste europäische Flotte (First Fleet) von 11 Schiffen der Royal Navy unter dem Kommando von Captain Arthur Phillip landete in Port Jackson (Sydney) am 26. Januar 1788.“
Im Januar 1988 war also die Zweihundertjahrfeier (Bicentennial) und dazu sind einige Großsegler nach Sydney gekommen. Auf dem folgenden Bild dürfte die Nippon Maru, die Japanische Viermastbark, im Hintergrund zu sehen sein.
Zunächst hat sich aber die Tasmansee von ihrer berüchtigten Seite gezeigt und wir sind praktisch mit Sturm nach Sydney eingelaufen. Das habe ich als eine bewegende Situation in Erinnerung behalten. Wir mussten nachts raus, auf die Rahen und die Segel einholen und auf den Rahen verschnüren. Es ist nicht leicht, das etwa 200qm große Großsegel im Sturm zu ergreifen, um es stückweise auf die Rah zu ziehen und mit dem Bauch festzuhalten, um die nächste Segeltasche hochzuziehen. Aber wir waren ja viele und es waren in der Nacht fast Alle auf den Rahen und so haben wir es geschafft.
Wir sind dann nicht in eine nahegelegene Bucht gefahren, sondern haben uns einen abgelegenen Hafenkai in Sydney gesucht und dort angelegt. Im Ergebnis hatten wir dadurch einen Tag mehr in Sydney. So hatten wir auch Zeit zum Shoppen und nachfolgende Mall war jedenfalls im Jahre 1988 schon rein optisch etwas besonderes, ist sie vielleicht heute noch.
Vom Fernsehturm hat man einen schönen Blick auf die große Bucht…
… sowie auf die Harbor Bridge und die Opera. Das Gebäude im Vordergrund ist vielleicht nicht sehr hübsch, aber immerhin weht die Australische Flagge auf dem Dach.
Alle Seeleute der Großsegler, die zur Zweihundertjahrfeier gekommen waren, durften die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos benutzen, jedenfalls wenn sie in Uniform waren. Das galt auch für die Tragflächenfähre, mit der man die Bucht überqueren konnte.
Die Einwohner von Sydney sind sehr segelbegeistert und man kann sich auch gut in Marine-Uniform in Sydney sehen lassen. An einem Tag bin ich in meiner fast weißen Uniform, in Bayern würde man glauben, ich wäre auf dem Weg zum Kindergeburtstag, von der Gorch Fock auf die Pier gegangen und es kamen dann einige Menschen auf mich zu gestürmt. Die blätterten dann in ihren Büchern mit Segelschiffen die Seite mit der Gorch Fock auf und wollten auf der Seite ein Autogramm von mir haben.
Das große Ereignis war dann das Auslaufen der Großsegler. Man hatte den Eindruck, dass halb Sydney auf dem Wasser war. Und das Wetter war deutlich besser als in der Nacht, in der wir gekommen waren.
Auf einem Boot mit guter Stimmung waren ein paar junge Frauen, die uns, den Seeleuten auf der Gorch Fock, noch die weitere Reise versüßen wollten. Dafür haben sie dann für uns kollektiv ihre T-Shirts gelupft. Leider hat unser wachhabender Vorgesetzter unsere erwidernden Jubelrufe nicht lange zugelassen. Ich darf daran erinnern, dass damals nur Männer an Bord der Gorch Fock waren.
Jervis Bay
Die Australische Hauptstadt, Canberra (das spricht man etwa [känbra] aus), liegt etwa 100km von der Küste entfernt und hat sein eigenes „Bundesland“, das „Australian Capital Terretory (ACT)“, das aber, als einziges „Bundesland“ in Australien auch nicht bis zur Küste reicht. Deswegen gibt es an der Jervis Bay einen kleinen Marinestützpunkt, der dem ACT zugeordnet ist.
Und so sieht das da aus:
Natürlich mit nettem Strand:
Wir waren aber nur einen halben Tag dort, an dem wir aber kurz an Land gehen konnten.
Melbourne
Der rot-ockerfarbene Bahnhof ist wohl schon so etwas wie das Wahrzeichen Melbournes. Von dort sind es auch nur noch wenige Schritte den Yarra River hinauf (also nach rechts) bis zum Austragungsort der Australian Open.
In Melbourne fand dann der letzte Wechsel der Ausbildungscrew statt und deswegen waren wir ein paar Tage in einer Australischen Kaserne untergebracht und hatten Zeit für uns, die Stadt anzusehen. Es wurde aber auch ein Ausflug zum Zoo organisiert.
Der Zoo war toll. Neben Kängurus und Koalas gab es auch eine Schmetterlingshalle, die eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit hatte und in der man von den Schmetterlingen umflogen wurde.
Sydney und Melbourne sind schon in ihrem Flair und in ihrer gelebten Dynamik grundverschieden. Sydney gibt sich als Weltstadt, während man Melbourne wohl allenfalls im Januar zu den Australian Open als Weltstadt empfindet. Zum Untermauern dieser These sollen die nachfolgenden Fotos ein paar Eindrücke der Stadt vermitteln
Die sich kreuzenden Straßenbahnschienen deuten an, dass wohl eine Hauptstraße zu sehen ist.
Andererseits habe ich in dieser Zeit in Melbourne das Musical Cats gesehen. Bei dem folgenden letzten Straßenfoto kann man sogar noch die ersten Siedler spüren.
Und zum Abschluss noch ein Nachtfoto vom Fluss mit Skyline. Für das Foto habe ich nur die Kamera auf einem Stein aufgelegt.
Das wars. Eine interessante Reise ging für mich zu Ende. Der Rückflug ging dann über Dubai nach Hause.
Ingo

































